Hexenverfolgung und Aberglaube in der Frühen Neuzeit

15.06.2021

In den beliebten Geschichten der jungen Hexe „Bibi Blocksberg“ braucht die namensgebende Hauptfigur ihre besonderen Fähigkeiten nicht zu verheimlichen: sie fliegt in der Öffentlichkeit auf ihrem Besen und verwendet die unterschiedlichsten Zaubersprüche. Bis vor etwa 300 Jahren gehörten der Hexenflug und die Anwendung von Zauberei jedoch noch zu den schwerwiegendsten Anschuldigungen, denen man seinen Mitmenschen aussetzen konnte und zwar nicht in Märchen und Sagen, sondern im ganz realen Leben. Allein der bloße Vorwurf genügte, um der Hexerei verdächtigt, inhaftiert, gefoltert und verbrannt zu werden.
 
Die Grundlage für die Verfolgung zahlloser Frauen und Männer, lieferte der Dominikaner Heinrich Kramer Ende des 15. Jahrhunderts. Im Jahr 1486 veröffentlichte er den Malleus maleficarum – besser bekannt als „Hexenhammer“. Darin nennt Kramer fünf Aspekte des damaligen Hexenbildes: neben dem Hexenflug und der Zauberei, werden der Teufelspakt, die Teufelsbuhlschaft – also der Geschlechtsverkehr mit dem Satan – und die Teilnahme am Hexensabbat aufgeführt. Machte sich jemand angeblich einem oder mehrerer dieser Tatbestände schuldig, geriet ein Hexenprozess in Gang. Dessen rechtliche Grundlage wiederum bildete ab dem 16. Jahrhundert die Constitutio Criminalis Carolina oder kurz Carolina. Als allgemeines Strafgesetzbuch sieht sie unter anderem die Folter als legitimes Mittel zur Wahrheitsfindung bei Gerichtsprozessen vor. Im Falle des Vorwurfs der Hexerei mussten mindestens zwei konkrete Anschuldigungen vorliegen, um ein Geständnis durch den Einsatz der Folter zu erlangen. Dazu gehörten beispielsweise die Androhung von Schaden durch Zauberei oder der Umgang mit anderen der Hexerei verdächtigen Personen. Unter den Qualen der Folter gestanden die meisten Angeklagten die ihnen zur Last gelegten Taten. Damit waren sie laut Carolina zum Tode durch das Feuer zu verurteilen und wurden auf einem der vielen Scheiterhaufen verbrannt, die in den Hochphasen der Hexenverfolgung zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert am heutigen Niederrhein und dem übrigen Heiligen Römischen Reich loderten.
 
Es war aber nicht nur die Angst vor vermeintlichen Hexen und ähnlichen Teufelspaktierern, die lange Zeit die Menschen umtrieb. Ein ganzes Heer von Dämonen, bösen Geistern und allerlei furchterregender Kreaturen stand im Verdacht vor allem des Nachts sein Unwesen zu treiben. Gefürchtet war beispielsweise der Alb, nach dem wir bis heute unsere schlechten Träume benennen. Er gehört zur Familie der sogenannten Druckgeister und setzt sich der Vorstellung nach auf die Brust Schlafender. Dort soll er ihnen die Luft abdrücken und beklemmende Angstgefühle hervorrufen.
 
Ebenso groß wie die Furcht der Menschen vor Hexen und Geistern war auch die Zahl entsprechender Schutzmechanismen. Diese konnten ganz allgemeiner Art, aber auch sehr speziell sein. Sie reichten vom Kruzifix über der Tür bis zum verkehrtherum aufgestellten Besen vor dem Haus, der Hexen am Eintreten hindern sollte oder dem albabwehrenden Spiegel, den man sich vor dem Einschlafen auf die Brust legte. Es scheint, als seien der Vorstellungskraft der Menschen sowohl in Bezug auf eine übernatürliche Bedrohung als auch auf deren Bekämpfung keine Grenzen gesetzt gewesen zu sein.
 
Kevin Gröwig

 

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