Die Splitterschutzzelle in Niep
19.04.2021
Etwa skurril mutet es schon an, das kleine Bauwerk gleich gegenüber des Föskenhofes im Ortsteil Niep. Kuppelförmig und grau steht es auf der Wiese direkt an der Straße und erinnert auf den ersten Blick an eine Umkleidekabine im Freibad. In Wirklichkeit handelt es sich hier jedoch um eine sogenannte Splitterschutzzelle, kurz SSZ. Diese auch als Brandwachenstand (BWS) bezeichneten Einmannbunker sind während des zweiten Weltkrieges in großer Zahl aufgestellt worden. In massiver Stahl- oder Betonbauweise errichtet, sollten die Splitterschutzzellen ihre Insassen bei Luftangriffen vor allem vor umherfliegenden Bombensplittern und Trümmerteilen schützen. Entsprechend solide kommt das Nieper Exemplar daher. Es besteht ebenfalls komplett aus Beton. Der Zugang erfolgt über eine 16 Zentimeter dicke, aber dennoch erstaunlich leichtgängige Tür. Dahinter verbirgt sich der beengte Innenraum der nur etwa zwei Meter hohen Zelle. Dessen einzige Einrichtung besteht aus zwei hölzernen, an der Wand befestigten Sitzgelegenheiten. Licht dringt bei geschlossener Tür lediglich durch die schmalen Sehschlitze ins Innere.
(Rückseite der Splitterschutzzelle, © Museumsarchiv NV)
Entwickelt wurden Splitterschutzzellen bereits vor dem Kriegsbeginn 1939. So sind Patente aus den Jahren 1932 und 1937 bekannt. Eine erste umfangreiche Richtlinie für den Bau von Splitterschutzzellen aus dem Reichsluftfahrtministerium erschien erst 1943. Darin wird die Mindestgrundfläche pro Person (0,3 Quadratmeter) ebenso festgelegt wie die maximale Gesamtgrundfläche der Zelle (1,5 Quadratmeter). Trotz aller Richtlinien zum Bau der Splitterschutzzellen galten sie in der Bevölkerung als unsicher. Wurden sie nicht fest im Boden verankert, drohten sie durch den Druck einer Bombenexplosion samt der darin befindlichen Schutzsuchenden umzufallen oder gar fortgeschleudert zu werden.
(© Museumsarchiv NV)
Wie viele Splitterschutzzellen im Laufe des Krieges errichtet wurden, ist nicht bekannt. Es wird jedoch geschätzt, dass es mehrere Zehntausend Exemplare gewesen sein müssen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1945 forderten die Alliierten eigentlich eine Zerstörung aller Luftschutzbauten, inklusive der kleinen Splitterschutzzellen. Wohl aufgrund der zahlreichen, über das gesamte damalige Reichsgebiet verteilten Einmannbunker, konnte diese Forderung jedoch nicht umgesetzt werden.
Kevin Gröwig
(Das Titelbild zeigt die Vorderseite der Splitterschutzzelle, © Museumsarchiv NV)