Aus der Geschichte der Leyenburg

12.11.2021

Wo heute Schloss Leyenburg (in Rheurdt an der Grenze zu Neukirchen-Vluyn) steht, befand sich früher an der Grenze zwischen dem Herzogtum Geldern und der Grafschaft Moers ein Herrensitz, der 1349 erstmalig urkundlich erwähnt wurde. Bis ins 16. Jahrhundert hinein saß hier Familie Kiekhorst.

1772 erwarb die Krefelder Seidenfabrikantenfamilie von der Leyen das Gut mit Park als Landsitz. Die alten Gebäude wurden abgerissen, ein Schloss mit Namen Leyenburg entstand in klassizistischer Ausgestaltung.

Seit Ende des 19. Jahrhunderts wohnte Familie von der Leyen nicht mehr dort.

Danach wurde das Schloss in unterschiedlicher Weise genutzt: Während des Ersten Weltkriegs war die Leyenburg als Lazarett die Wirkungsstätte des Vluyner Arztes Dr. Augustin und des Vaterländisches Frauenvereins und in den 1930er Jahren ein überregional bekanntes Parkcafé.

Leyenburg mit Parkcafé, 1930; Copyright: Museumsarchiv NV

1936, von April bis Dezember, diente die Leyenburg aks Landjahrlager für 60 junge Mädchen im Alter von 14 und 15 Jahren, die aus der Gegend von Bitterfeld stammten.

Das Landjahr war vom NS-Staat als politische Schulungsmaßnahne für Jugendliche im Anschluss an ihre Schulzeit eingeführt worden. Mädchen sollten sich - zur Vorbereitung auf ihre spätere Rolle als Ehefrau und Mutter- land- und hauswirtschaftliche Fähigkeiten aneignen .

Die Landjahrmädchen vor dem Schloss; Copyright: Museumsarchiv NV

Fast sechzig Jahre später gelang es durch einen Aufruf in Bitterfelder Zeitungen, einige der ehemaligen Landjahrmädchen als Zeitzeuginnen zu gewinnen. Auf private Einladung der Frauengeschichtswerkstatt Neukirchen-Vluyn besuchten sie 1995 das Schloss.

Eine von ihnen beschrieb die morgendlichen Rituale am Fahnenplatz “ Das Schloss war von einem herrlichen Park umgeben. Im Park gab es ein Rondell, wo der Fahnenappell mit Fahnenhissen stattfand. Jeden Tag war Fahnenappell vor dem Frühstück. Während der Olympischen Spiele in Berlin 1936 wurde Tag und Nacht Wache an den Fahnen gehalten. Die Wachzeit und die Wachablösung waren eingeteilt.“ Vor dem Schloss fand auch die Einteilung der jungen Mädchen zum Arbeitseinsatz im Haus, in der Küche , im Garten und bei Bauern auf dem Feld statt.

An die räumliche Aufteilung des Schlosses zur Zeit ihres Aufenthaltes konnten sich die Zeitzeuginnen ziemlich genau erinnern: Speisesaal, Bibliothek und Zimmer der Leiterin waren im Erdgeschoss eingerichtet. in der ersten und zweiten Etage lagen die Schlafräume.

Im Keller war der Waschraum, wo sich jeweils zwei Mädchen eine Emaillewaschschüssel mit kaltem Wasser teilen mussten.
Der Mangel an geeigneten Wasch- und Heizungsmöglichkeiten trug wohl dazu bei, dass es nach 1936 von Seiten des Landkreises Moers nicht zu einer weiteren Nutzung des Schlosses als Landjahrheim kam.

2001 verkaufte Familie von der Leyen das Schloss. Von den neuen Eigentümern wurde es aufwendig restauriert und dafür mit dem rheinischen Denkmalpreis ausgezeichnet.

Krista Horbrügger

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